Seit der Beantragung der Insolvenz Ende April tickt bei der traditionsreichen Martinsrieder Biotech-Firma Medigene AG die Uhr. Im Wettlauf gegen die Zeit bleiben insgesamt drei Monate, davon ist bereits die Hälfte verstrichen. Der vorläufige Insolvenzverwalter gibt sich professionell optimistisch, der Ausgang der Gespräche mit einigen Interessenten ist jedoch noch völlig offen.
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Für Deutschland ist die Fusion der beiden mRNA-Firmen BioNTech und CureVac so, als würden große Autohersteller zusammengehen. Ein neues Großschiff entsteht und die genauen Synergien und Implikationen aus der Außenperspektive sind nach dem doch überraschenden Schritt nicht gleich zu erkennen. Denn BioNTech hat den mRNA-Bereich eigentlich ein wenig auf die Seite geschoben und daneben zwei weitere Säulen gestellt: Zelltherapie und Biologika. Was da eher als erstes ins Auge fällt ist, dass mit der Fusion die anhängenden Gerichtsverfahren zur Klärung der Patentlage in der Nutzung von mRNA als Vakzinierungstechnologie damit förmlich „weggekauft“ werden.
In Mainz darf man sich über einen gewaltigen Milliarden-Geldregen freuen, der einmal nichts mit Impfstoffen zu tun hat. Er hat zwar auch nichts mit der eigenen Forschungsleistung zu tun aber zumindest mit dem glücklichen Händchen, das man mit der Übernahme der chinesischen Biotheus bewiesen hat: die dafür aufgebrachte runde Milliarde wird um ein Vielfaches durch den Partnerschaftsdeal mit Bristol Myers Squibb wettgemacht.
Wechsel im „Finanzministerium“ der BioNTech SE in Mainz. In den Ruhestand verabschiedet sich Ende Juni Jens Holstein, der gerade noch auf den Deutschen Biotechnologietagen einen großen letzten Auftritt vor der Branchengemeinde hatte, bei dem er den Mut der BioNTech-Führung betonte, so schnell in der Corona-Pandemiefrühphase auf eine Impfstoffentwicklung umgeschwenkt zu sein. Dies war vor der Zeit von Holstein und daher kein verkapptes Eigenlob. Der Nachfolger Ramon Zapata übernimmt mit prall gefüllter Kasse, aber in finanziell herausfordernden Zeiten.
Wer immer den Begriff „Klassentreffen“ für die Deutschen Biotechnologietage erfunden hat, hatte damit in der Vergangenheit schon immer mitschwingen lassen, dass sich eine älter werdende aber auch irgendwie natürlich schrumpfende Gruppe von Gleichgesinnten trifft, die maximal nostalgisch über alte, eventuell bessere Zeiten spricht und nicht unbedingt Inspiration, Motivation oder gar eine positive Zukunftsvision transportiert, deren Umsetzung im Bereich der Lebensspanne zu erwarten wäre. Alles war diesmal jedoch ganz anders auf den 15. Biotechnologietagen in Heidelberg. Zwar war es auch im Kern ein Klassentreffen, nur diesmal wurde die Bühne auch geöffnet für Branchenvertreter anderer Industrien, junge Forscher und tatsächlich auch mehr internationale Besucher als jemals. Das Klassentreffen hat eine neue Anziehungskraft entwickelt, Heidelberg hat sich von seiner allerbesten Seite präsentiert und ist vielleicht der Geburtsort eines neugefundenen Selbstbewusstseins, das sich sehr einfach und kurz fassen lässt: wir können auch Party!
Einem Urgestein der Münchner Biotechnologie-Szene, der 1994 gegründeten Medigene AG, geht die Puste aus. Nach der kürzlichen Mitteilung zur Verlustanzeige des Grundkapitals haben Vorstand und Aufsichtsrat des Unternehmens den Weg zum Amtsgericht eingeschlagen, um dort die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Nach Morphosys verschwindet damit das letzte große „M“ der Firmennamen im Münchner Biotechnologie-Cluster, nachdem die Firma Micromet schon 2012 von Amgen aufgekauft worden war.
Die Martinsrieder Medigene AG wartete am Freitag mit schlechten Nachrichten auf: wegen ausbleibender Meilensteinzahlungen sei das Grundkapital empfindlich angeknabbert worden, man müsse sogar von einer Halbierung in der nächsten Zeit ausgehen. Die Liquiditätsreserven reichen daher auch nicht mehr bis in den Sommer, sondern nur noch „bis Mai“, wobei unklar blieb, ob damit der Monatsanfang oder Ende Mai gemeint ist. Das Management schweigt sich ansonsten aus. Krisenstimmung in der Lochamerstraße.
Die Tübinger CureVac sieht die eigene Position in einem andauernden Patentstreit mit BioNTech gestärkt. Der Einspruch der Mainzer gegen die Gültigkeit des in Frage stehenden Patents wurde abgewiesen, das Schutzrecht bleibt damit erhalten. Nun kann es in weiterer gerichtlicher Abklärung darum gehen, ob BioNTech dieses Schutzrecht verletzt hat und gegebenfalls zur Leistung von Schadenersatz verurteilt wird.
Mit den Geschäftszahlen zum vergangenen Jahr bilanziert die Mainzer BioNTech SE die Transformation zu einer forschenden Arzneimittelfirma. Obwohl die COVID-19-Impfstoffe weiterhin mehrere Milliarden Umsatzerlöse erbringen, gleichen diese die noch höheren Aufwendungen für Forschung und Entwicklung und für den hohen Personalbestand nicht mehr aus. BioNTech schreibt damit deutlich rote Zahlen und hofft, dass die klinische Entwicklung der Krebswirkstoffe wie geplant baldmöglichst zu Zulassungen und damit neuen Einnahmen führen. Eine Umstrukturierung an den Standorten Marburg und Idar-Oberstein soll in den nächsten drei Jahren zwar zu einem Personalabbau führen, der jedoch an anderen Standorten im Saldo nahezu ausgeglichen werden soll.
Ein Stoppzeichen der FDA für den Malariaimpfstoff von BioNTech bringt ein Entwicklungsfeld auf den öffentlichen Radar, das in den vergangenen Monaten von den Mainzern selbst kaum in den Vordergrund gestellt wurde. Ihr Fokus gilt den vielen Krebswirkstoffen, deren Entwicklungsfortschritt in den nächsten Tagen vorgestellt werden wird.